„Ich bin eine Teekanne“
Gestern führte die Oberstufe der Montessori Schule Hausham das Theaterstück „der Drache“ von Jewgeni Schwarz im Waitzinger Keller in Miesbach auf. 400 Zuschauerinnen und Zuschauer erlebten ein humorvolles und bitterböses zeitgenössisches Drama.
Von: Julia Jäckel | Veröffentlicht am 24. Oktober 2025

Es ist ein Höhepunkt in der Schullaufbahn der Montessori-Schülerinnen und -Schüler: einmal steht die ganze Klasse gemeinsam auf der Bühne. Dafür wurde wochenlang geprobt – bevor es direkt zur Premiere in den Waitzinger Keller ging.
Der Saal ist bis auf die hintersten Plätze besetzt – mit Lehrerinnen, ehemaligen Schüler:innen der Montessorischule und Theaterneugierigen.
Die Aufregung der 18 Schülerinnen und Schüler ist greifbar. Doch als sich der Vorhang lüftet, spielt die Klasse, als hätten sie jeden Abend eine Aufführung.
Drachen und Plott
Der Drache von Jewgeni Schwarz ist kein Märchen für Kinder, es ist eine Parabel mit Biss: Jedes Jahr verspeist der dreiköpfige Drache eine Jungfrau. Klingt grausam. Doch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt haben sich an die Angst angepasst, und opfern ihre Mädchen, als wäre es ein Naturgesetz. Und das seit 400 Jahren.
Als der Ritter Lanzelote (gespielt von Korbinian Wirrer) die Stadt von ihrem Drachen-Tyrannen befreien will, herrscht damit erstmal keine Begeisterung, vielmehr Nachsicht und Bequemlichkeit. „Solange er da ist, wagt es kein anderer Drache anzugreifen,“ erklären die Städter dem verwunderten Ritter.
Und auch die schöne Elsa (Josefa Oeder), die kurz vor ihrem Heldinnentod steht, ist wenig überzeugt, gerettet zu werden. Immerhin gibt es klare Rituale, die nach ihrer Opferung folgen, wie etwa die besonderen Brötchen, die es dann zum Frühstück gibt.
Der Ritter aber bleibt hartnäckig.
Mit Nudelsieb gegen die Unterdrückung
Auch wenn er statt der versprochenen Waffen mit einem Nudelsieb und einer Bescheinigung anstatt eines Speers gegen das Ungeheuer in den Kampf ziehen soll. Zum Glück gibt es den versteckten Widerstand, hier erkennbar an den Regenbogensocken, die den jungen Helden mit einem fliegenden Teppich, einer Tarnkappe und einem Teleskopzeigestab ausstatten.
Das Stück ist je nach Lesart eine Märchenparabel oder harte Gesellschaftskritik. Geschrieben hat der russische Dramatiker das Stück mit 47 Jahren. 1943 war das. Mitten im Zweiten Weltkrieg und in einem totalitären Staat, der keine Abweichung zulässt.
Als Satire auf Hitler soll das Stück entworfen sein, doch lässt es sich auch als Satire auf Tyrannei, Mitläufertum und die Stalin-Diktatur lesen. Entsprechend wurde das Stück bald nach seiner Uraufführung 1944 verboten – zu unbequem für die Machthaber.
Rollen und Darstellung
Die Titelrolle spielten gestern Abend Finia Berger, Luis Löther und Sebastian Zehetmair, die als Trio und mit großer Spielfreude den Drachen zum Leben erweckten und Seite an Seite gemeinsam den Bürgerinnen und Rittern auf die Pelle rücken.
Den Bürgermeister spielt mit Lässigkeit und Bravour, Ludwig Jagusch. Ein Verwaltungsbeamter, der an vielerlei Leiden leidet. Er kann weder gut sehen, hören, noch urteilen.
Jagusch spielt ihn als eingedrückte, slappstickartige Marionette des Drachens. Die Nase immer in Richtung der Macht, verwundert es nicht, dass der Bürgermeister den Sieg des Drachens im zweiten Akt als den seinen ausgibt.
Auch sein Sohn Heinrich, gespielt von, Taavi Schramm, erblüht im Laufe des Theaterabends so zu Leben, dass man kurz vergisst, dass das eine Schüleraufführung ist.
Regie und Inszenierung
Lydia Strakulla inszeniert schon seit mehreren Jahren die Theateraufführungen der sog. Flames-Klassen und auch hier hat sie es erneut geschafft, ein Stück dynamisch und voller Poesie ins Scheinwerferlicht zu rücken.
Die Kostüme sind schlicht gehalten (dunkel und Geschirrtücher-Varianten imitieren gekonnt Kopelltragegestelle oder traditionelle Schürzen). Nur der Drache kommt in Nazi-Beige und vielfältigem Paradegehänge. Dem Bürgermeister gönnen sie nach seinem Aufstieg zum neuen Tyrannen eine goldene Weste.

Theater ist Teamarbeit
Wochenlang wurde geprobt, Kulissen gebaut und Kostüme aus Geschirrtüchern genäht – alles handgemacht von den Schülerinnen und Schülern.
Am Ende johlen die Zuschauer im Waitzinger Keller. Es geht um mehr als um eine Aufführung an diesem Abend. Das findet auch Schulleiterin; Mira Kammerer, die sich am Ende bei allen Mitwirkenden vor und hinter der Bühne bedankt:“Jede und jeder von euch die andere angewiesen und nur so konnte es gelingen und ihr habt das gemeistert.“
Unterstützt wurde das Stück von der Dr. Ingeborg von Tessin und Marion von Tessint-Stiftung und der Greinwald-Stiftung und privaten Spendern.