Wie siehst du das, Fisch?
Im Sommer tummeln sich Mensch und Fisch im Tegernsee – doch aus Fischsicht ist der Badegast vor allem eins: verwirrend. Zwischen Neugier, Zupfen und Fluchtreflex – ein Perspektivwechsel.
Von: Yvonne Aschoff | Veröffentlicht am 24. Juli 2025

Aus Fisches Sicht ist der Mensch im See vor allem eins: groß, ungelenk und visuell schwer einzuordnen. Fischaugen sind evolutionär perfekt an das Leben unter Wasser angepasst –mit fast 300 Grad Rundumblick und beachtlicher Lichtempfindlichkeit, aber einem nur schmalen Bereich für räumliches Sehen.
Für hochauflösende Details oder Farbtiefe reicht’s allerdings nicht. Rot? Verschwindet spätestens zwei Meter unter der Oberfläche.
Ein Dutzend Fischarten im Tegernsee
Im Tegernsee leben etwa 12 verschiedene heimische Fischarten. In den Sommermonaten teilen sie ihn sich zwangsläufig mit uns Landgängern, wenn wir uns selbst einmal fühlen wollen wie ein Fisch im Wasser.
Perspektivwechsel: Wie sehen sie uns eigentlich? Wenn sich ein Mensch zu Wasser lässt, ist das für Fisch zunächst eine Art schimmerndes Schauspiel von Bewegung und Lichtreflexen, das irgendwo zwischen Reiz und Alarmsignal liegt.
Dein Freund der Fisch
Obwohl man inzwischen weiß, dass Fische der Freundschaftsbildung mit einzelnen Menschen fähig sind, ist das Ein- und Abtauchen einer beachtlichen Landmasse in ihren natürlichen Lebensraum für die größeren Arten wie Forelle, Renke, Saibling und Hecht Grund genug, das Weite zu suchen.
Dass man während des Schwimmens in den dicken Zeh gebissen wird, ist also mehr als unwahrscheinlich. Anders die kleinen Arten wie Lauben, Rotaugen und Jungbarsche … sie sind neugierig, etwas vorwitzig und halten sich bevorzugt dort auf, wo auch der Mensch gern hüfthoch im Wasser herumsteht und einfach nur vor sich hinguckt – in Ufernähe.
Groß ist ihre Versuchung, das Ding näher in Augenschein zu nehmen: Zehen, Waden und das haarige Unterwasser-Algenimitat am Bein. „Essbar? Lebendig? Freund oder Feind?“– ein kurzes Zupfen, mehr sensorische Prüfung als echter Biss. Der Moment, wo sich herausstellt, ob Mensch selbst von freundlicher Neugier oder von abwehrender Deflektion getragen ist. Hier darf er erkennen: Während er glaubt, die Natur zu beobachten, beobachtet Fisch ihn schon längst, wenn auch verschwommen.